Normative Ethik: Wie klein ist Dein politischer Aktionsraum? (1)

Die Idee von Links und Rechts wird eigentlich schon lange überlagert, von den Themen, die man ihnen untergeordnet hat, aus denen heraus sich aber effektive neue politische Treiber entwickeln, wenn man Relevanz und Wirkung dieser Themen […] anschaut.

Andere Fundamente, jenseits von Machtzentren > politische Terminologien, die für etliche Belange relevant sind, passen nicht in die Links/Rechts-Dichotomien hinein, weil sie den Fokus anders ausrichten und die Grundlagen anders verorten, als das bei den großen Machtrhetoriken üblich und erforderlich ist um auf dem eigenen Kurs zu bleiben. Eine Politik der „Ohnmachtssprache“ geht dort nirgends, genau diese ist aber von Interesse, um genau die Sprachen sichtbar zu machen, die Machtrhetoriken aus sich heraus unsichtbar machen.

Aktivismusbereiche kommen um Sprachen neuer politischer Gewichtungen nicht drumherum. Ihre Themen und Bestrebungen bilden sich aber aus diesem Grund nicht ausreichend parteienpolitisch ab, und sie müssen konstatieren, dass alte politische Herangehensweisen zum Hindernis werden und Veränderung im Sinne von Erneuerung nicht zulassen.

Davon auszugehen, dass > parteienpolitische Ideen das ultimativ mögliche zur Option stellen würden, ist ausgehend von der Perspektive, dass wir übersehene Treiber politischer Realitäten haben, eine Fehlannahme (nicht grundlos haben Räterepubliken auch immer als Idee eine besondere Attraktivität). Klar bequemt man sich gerne, thronend auf den bereits bewährten Machtrhetoriken, aber genau diese Haltung ist politisch eigentlich eher untauglich und bildet ein Hemmnis. Verantwortungsbewusstsein weiterentwickeln ist das Einzige was geht.

Dass „rechts“ sich disqualifiziert anhand zahlloser Merkmale ist klar, weshalb unsere Gruppe die Alternative aber auch nicht in den linken Konglomeraten erkennen kann, erklären wir hier

„Links“ hat sich seit Anbeginn selbst so entworfen, dass bestimmte menschliche Konfliktfelder und konfliktträchtige Thematiken den Belangen nichtmenschlicher Thematiken übergeordnet werden. Dass „Rechte“ das Schlimmere zweier Übel sind im Punkte von klassischen Zielen sozialer Gerechtigkeit, macht den Konservativismus linker Paradigmen weder weniger problematisch noch ergibt sich eine logische Konsequenz in Richtung „total Liebration“ alleinig aus der Tatsache, dass man Themen mit in seine Ansammlung „linker Themen“ mit hinein packt. Beim Hineinpacken von Themen entstehen innere unvereinbare Klüfte und unlösbare völlig grundsätzliche Widersprüchlichkeiten. Die erste davon ist die fortlaufende Sekundarisierung der Welt unter ein menschlich-kollektivistisches Wertedogma – und bei diesem Punkt ist es tatsächlich relativ unerheblich, ob dieses oberflächlich betrachtet „den Menschen“ erstmal mehr Vorteile einräumt oder in Aussicht stellt.

Die wichtigste und zentralste Aufgabe klassischer Linker Argumentation „gegen rechts“ im Ganzen ist eine Schuldzuweisung an Menschen, wenn diese nicht antikapitalistisch agieren, für ihr Versäumnis von allem, was in den Bereich sozialer Gerechtigkeit fällt. Eine Hinterfragung des eigenen Wertesystems und Weltbildes zugunsten einer Auflösung > des philosophischen Anthropozäns und seiner Dilemmata, wird links aber auch nicht stattfinden, weil der entscheidende Konfliktpunkt ein ganz anderer aus linker Sichtweise ist, als aus ‚post-hegemonial-anthropozentrischer‘.

Die einzelnen Instanzen und Handlungsträger bestehen aus Menschen, und ihren Identitäten. Patriarchat und Matriarchat ergeben auch in Kombination keine zufriedenstellente Lösung.

Sich als „linke Männer“ inszenierende Herrenmenschenwelten

Kreise linker Männerblasen und -Seilschaften verunmöglichen eine neue, veränderte, sinnvollerweise korrigierte Weltsicht, weil sie immer ihre „Männer“-kämpfe, bestehend aus Gehabe, basierend auf ideologischen Müll, in den Vordergrund rücken wollen. Neu erstrittene gesellschaftliche Belange werden durch solches Gehabe und durch die Zuordnung von Zweitrangigkeit fast unwirksam gemacht.

Man bekommt mit der Links-Rechts-Dichotomie keine wirklich neuen Priorisierungen und Sichtweisen hin, in denen neue Grundlagen bestehen würden, statt ewig der Fokus auf Kapital, Umverteilung von Kapital, auf Faschismen bekannter Machart. Nicht zuletzt langt das Instrumentarium nicht mal um Folgen (geschweige denn Quellen und Beschaffenheit) nationalsozialistischer Vorgehensweisen in der deutschen Vergangenheit hinreichend aufzuarbeiten.

Viele linke Kreise betonen zwar ihren progressiven Anspruch, aber in der Praxis drehen sich die Diskussionen im Wesentlichen um alte ideologische Kämpfe – und zwar in einer Art, die vor allem „männlich“ geprägte Konfliktlinien fortführt. Dabei entstehen geschlossene, durch männlich gelesene Personen bediente Stereotypien-Räume, in denen immer wieder dieselben Themen aufgerollt werden (Kapital, Umverteilung, Klassenkampf und eine sich daraus ergebende Gerechtigkeit), während neue gesellschaftliche Perspektiven – alles, was anders priorisiert, seien es feministische, queere, postkoloniale, ökozentrische sowie antispeziesistische Blickpunkte – als zweitrangig oder „später zu regelnd“ abgetan werden; was klar ist, denn der Hebel wird hier ideologisch nunmal auf einem Weltbild und einem Fundament angelegt, allein in Antithese zum kapitalistisch „materialistischen“ Feind. Eine Abkehr einer instrumentalisierenden Haltung zur natürlichen Welt kommt auch in dieser politischen Sichtweise nicht zum Ausdruck und spielt dort philosophisch auch zu keinem Zeitpunkt eine Rolle. Da sollte man sich nichts vormachen.

Warum erhält man seine Machträume?

Stereotypische Männerbünde und obsolete Machtstrukturen: Auch in linken Kreisen gibt es die informellen Hierarchien, in denen stereotypische, ‚sich-relativ-gleichschaltend-organisierende männlich gelesene Personen‘ und ihre ‚weiblich gelesenen Systeme-mittragenden Mitagierende‘ sich auf unterschiedliche Weise gegenseitig den Rücken stärken und abweichende Perspektiven marginalisieren.

Ideologische Starrheit: Vieles basiert auf einem Erbe theoretischer Narrative (Marxismus, doktrinorientierter Anarchismus, parteienpolitischer Sozialismus, usw, usf,), die von kontraktualistisch ausgerichteten Denkern und Gruppen für Menschen entwickelt wurden, die in solch ein System mit einsteigen. Statt Fundamente jemals radikal neu zu denken, werden neuere Ideen und Entwicklungen im Bestfall in praktisch angepasster und entschärfter Weise inkorporiert.

Konfliktdominanz: Linke Räume neigen dazu, sich in internen Kämpfen aufzureiben, darüber wer „der wahre Linke“ ist, statt neue Visionen für die Zukunft zu entwerfen, die schließlich auch eine Entfernung bisher idealisierter Ziele beinhalten würden. Der innere Streit ist keine innere Kritik, weil das oberste Gebot immer nur in der alten Architektur gesehen wird, die ein bestimmtes Weltbild in seiner ganzen Konkretisiertheit voraussetzt.

Fokus auf ökonomische Fragen: Soziale, kulturelle und emotive Themen (z. B. Care-Arbeit, geschlechterrollengeprägte Verhältnisse, ökologische Lebensweisen und Konflikte Mensch/Natur) werden als „nachrangig“ behandelt, weil alles immer wieder auf Kapital und Umverteilung reduziert wird, und der künstliche sekundäre „Wert“ als Mittel, über die Mittel direkten Handelns, Interaktion, politische Konstellationen, etc. gesetzt wird. Moralisch-soziale Werte und Handlungen werden so praktisch zurückgesetzt auf den Punkt, ab dem sie bereits in das Gefüge arbiträrer Machtverteilung durch Instrumentalisierung eingegangen sind. Die Gewichtung verschiedener Kapitale als revolutionäres Instrument innerhalb von Kulturen/Gesellschaften und die nötige Trennung verschiedener Generierungen und Wirksamkeiten von unterschiedlichem „Kapital“, wird zum einen als wirklich > ursächlich übersehen und auch nicht in Verbindung mit den sekundarisierten Themenkomplexen gestellt.

Zwischenschlussfolgerung (1)

Anstatt dass sich linke Mainstream-Bewegungen – zu der inhaltlich heute auch der überwiegend vom Neospießertum annektierte Bereich der linken Antifa zählt – wirklich in eine neue Richtung öffnen, wiederholen sie eigene enggefasste Muster, verbrämt mit einem Pathos inhaltlich linker Geschichtstreue, das nicht einmal erfüllt wird durch die Mainstreamisierung der Bewegung. Männliches Dominanzgehabe wird dabei von den Akteuren in die Gegenwart gerettet mit der Entschuldigung, dass für gute Werte alles erlaubt sei.

Etliche theoretische feministische Errungenschaften sowie multiperspektivischer Aktivismus werden dabei nicht als grundlegend, sondern als Zusatz- und Unterthemen verhindert. Auf diese Weise können neue politische Prioritäten niemals entstehen und werden schlichtweg verhindert.

Man sieht die Dinge unterschiedlich und das ist okay so

Die Frage ist dann: Wie kann man eine wirklich neue Weltsicht entwickeln, die diese alten Dichotomien (links/rechts, Arbeit/Kapital) aufbricht und neue Grundlagen schafft? Eine Möglichkeit wäre, Debatten stärker auf radikale, konsistente Lebensweisen, ökologische und ökozentrische Fragen oder kollektive gemeinschaftliche Fürsorge und gegenseitige Wahrnehmung zu fokussieren, unter anderem – anstatt sich beharrlich in geschichtlich verhärtete Machtinhaber- oder Machtanstreberkämpfe über die eigene Theorietreue und den Glauben an ökonomische Modelle als sein Hauptaxiom selbst verstrickt zu halten.

Dichotomische Teufelskreise aufbrechen

Leute sollten Eigenkreativität hinbekommen in einer Weise, die Machstrukturen umgehen kann und will. Followership, Akkumulation von Clout und Expansion von Reichweite bilden dabei keine echte Wirksamkeit mehr, sondern Inhalte bilden Substanz des intelligenten Austauschs und einer anders wirksamen Ebene eines möglichen Austauschs (die nicht mit intransparenter selektiver Verhinderung operiert und Konflikte anerkennt).

Es geht darum > eine echte Eigenkreativität > ein selbstständiges kritisches Mitdenken als Ausgangspunkt von Bürgerschaftlichkeit als Option zu erkennen, die den Austausch zwischen Individuum und Gemeinschaft in sinnvoller […] Weise zulässt, so dass Ansätze Umsetzung finden können, die sich nicht an bestehenden Machtstrukturen ausrichten oder sich in Statuskonstruktionen verlieren.

Viele linke Kreise verfallen in eine Dynamik, in der es mehr um Clout, ostentative gegenseitige Anerkennungsrituale und Beliebtheits-Hierarchien geht, die den Wettbewerb anfeuern, wer die Kollektivbotschaft am „erfolgreichsten“ verkörpern kann, als um den tatsächlichen Austausch von Ideen oder die Entwicklung neuer Perspektiven. Social Media verstärkt das oft noch – dort wird oft performt, statt wirklich gedacht und ausprobiert.

Eine alternative Praxis, statt der Praxis „modellhafter Vorbilder“ als immer wiederkehrende Anpassungsmuster

Raus aus dem Wettbewerbsverhalten um Status und Deutungshoheit für die Projektionen für eine besseren Welt, die auf der Grundlage von Werten geschaffen werden, welche heute ihre Fragwürdigkeit erkennen lassen. Statt sich ständig dominant zu positionieren und dabei „besser links“ sein zu wollen, können Möglichkeiten genutzt und geschaffen werden, über die Auseinandersetzung mit Inhalten, ohne die Angst vor sozialer Sanktionierung, in den Modus eigener Mitwirkung zu geraten, ausgerichtet an unabhängigen Räumen.

Konkurrenzloser kreativer Austausch kann gefördert und weiter angedacht werden, der sich an neu oder wiederentdeckten interessanten und wichtigen Parametern ausrichtet, statt für „gute Ziele“ die immer gleichen Mechanismen zu bespielen – wie es doch eigentlich die Seite tut, die man doch so vehement wegen ihrem Konservativismus und ihrem Mangel an Offenheit kritisiert. Das heißt, nicht im Zuge des Kampfes gegen etwas zu übersehen, woraus die wirklich hilfreicheren Perspektiven entworfen werden können, die tatsächlich näher an der Welt (wie sie ist) dran sind, statt irgendeinen „Menschsein“ in seinen Selbstbegriffen immer in fiktiven Räumen zu halten, die vollkommen konträr zu aller nichtmenschlichen Logik und allem nichtmenschlichen Wissen laufen. Rechts und Linke Denkweisen sind zu hundert Prozent hegemonial-anthropozentrisch aufgebaut.

Einem könnte heute klar sein, dass das Projekt „Menschheit“ nicht „den Menschen“ als Kollektiv retten muss, vor einer Zerstörung, die das Projekt selbst losgetreten hat, ideologisch fundiert hat und an dem es im Grunde weiter als richtig festhält. „Der Mensch“ sollte sich erstmal entkollektivieren, um an der Stelle, an der er sich jeweils befindet, nach bestem Wissen und Gewissen, nach all seinen Vernunftskriterien und seinen schöpferischen Fähigkeiten zu schauen, wie man Dinge in eine der-Welt-gerechtere-Richtung beeinflusst bekommt. Die großen Kollektiv-Ideen haben diese Chance weder angedacht noch jemals wirklich ergriffen, ganz einfach, weil ihre Weltbilder (und das heißt eben auch ihre Menschenbilder) das nicht hergaben.

Kunst, Literatur, alternative soziale Modelle – all das hat oft mehr Sprengkraft als der x-te ideologische Aufguss von auf Machtvorstellungen errichteten Weltbilden (die „Ohnmacht“ ist dem Leben näher und als Ansatz rücksichtsvoller). Lokale und situative Perspektiven können wechselseitig unterstützt werden – weniger abstrakte Theorien, sondern mehr pragmatische Ansätze, die aus konkreten Erfahrungen entstehen. Was bringt uns eine perfekte Kapitalismuskritik, wenn sie nicht im realmenschlichen Alltag bei den kleinteiligen aber alles durchdringenden sozialen Konflikten von irgendeiner Relevanz ist – allein deswegen, weil der Sozialismus von einem humanistischen Ideal ausging, das man infrage stellen muss, ganz besonders wenn man sich das Verhältnis Mensch/Welt anschaut und damit die Grundhaltung eines menschlichen Selbstverständnisses hinterfragt.

Der Mensch ist nicht einfach nur unschuldiges neutrales Opfer intramenschlicher Unterdrückungsmechanismen, die damit aufgehoben wären, wenn alle über die gleichen Mittel verfügen würden und das gleiche Mitbestimmungsrecht in einem doch sehr begrenzten Kontext hätten. Die Herrschaft über die natürliche Welt, die Sicht auf die Welt als eine vermeintliche Ressource, das heißt die völlige Instrumentalisierung des nichtmenschlichen Bereichs, wird vom Sozialismus nicht an Unrecht betrachtet. Opfer ist man immer nur vom kapitalistischen Machthaber oder meinetwegen von faschistoiden Ideen, aber dass man auch Opfer von einer vermeintlich menschlichen Glückseligkeit und einer Verteilungsgerechtigkeit von Gütern unter Menschen sein kann – diese Sichtweise existiert dort nicht, wo eben ein hegemonial-humanzentrisches Menschenbild reicht, um Glück und Recht in der Welt zu beschreiben und erzielen zu wollen.

Bei der Ausrichtung der Menschen in dem Sinne eines hoffnungsvollen Mittelpunkts von Gemeinschaft, ist es auch kein Wunder, dass Inhalte es nicht schaffen personenkultische Rituale zu ersetzen und zu überwinden – wie überall in den Gesellschaften tritt auch in linken Kreisen > der Fokus auf einzelne Akteure, hinter denen sich die Masse mehr oder weniger geschlossen versammelt, an die Stelle eines Fokusses auf > Fragen über Dinge, die effektive gesagt oder getan werden > in derer Pluralität. Das heißt, das Modell der Repräsentation von und durch Stellvertreter (die einen Mittelpunkt bilden sollen) ist wichtiger als eine Repräsentation im Sinne einer > Abbildung und kontinuierlichen Entwicklung einer ergebnisorientierten und sich dabei fest an Inhalten ausrichtenden Dialogkultur. Auf diese Weise verlieren wir die wichtigen Beiträge vieler, weil es zum Schluss immer nur um aktuell auftretende Personalien geht und nicht um die Arbeit mit Inhalten.

Das Rätsel der Huldigung von Charisma und die Wichtigkeit von Anhängerschaft, die eine Person hinter sich sammeln kann, werden in linken Kreisen genauso als Währung gehandhabt und mit „Relevanz einer Idee, derer Tiefe und Wirksamkeit“ gleichgesetzt, als seien diese nicht anhand anderer Kriterien überhaupt zur Wirksamkeit zu verhelfen und zu beurteilen. So birgt gerade auch das linke Ideal vom Menschen und der Gemeinschaft die Gefahr der Herrschaft durch die Formationen von Massen und der quantitätsbasierenden Verwechslung von Mehrheitsrecht mit Menschenrecht. […]

Es bräuchte also eine neue Praxis vom „Denkens und Handeln“, die sich nicht mehr an Machtarchitekturen und Machtobjektive ausrichten will, sondern an der Stelle gleichermaßen wirklich neue Grundlagen schafft.

Aufgrund der inneren Statik sehe ich eine allgemeine Lähmung in sich links verortenden Kreisen. Indem man rechts gleichsam als Mythos beschwört und entkonkretisiert, das heißt man schaut nicht, woraus sich im Detail rechte Machtmechanismen und Arten von Unterdrückung heraus aufgebaut haben und bestehen bleiben können – eben nicht allein aus einem Verteilungskonflikt als Ursache – übersieht man auch ganz bewusst die eigenen ideologischen Schwachstellen und Macharten von Machtstrukturen. Das andere Ziel bringt nicht garantiert eine andere Struktur mit sich. Ein Beispiel dessen sehen wir in einem absichtlichen Übersehenwollen eines typisch linken Festhaltens an völkisch-operierenden identitätsausgerichteten Ersatz-„Wertesystemen“.

Problematische Strukturen, die aktuell normalisiert werden, bei denen auch kein Widerspruch geduldet wird in der Mainstream-Gesellschaft, beherbergen ähnliche und gleiche Mechanismen wie beim „Gegner“, die im Kontinuum, unabhängig von vordergründigen Ideologieanhaftungen bestehen blieben. Opportunisten normalisieren im Namen des Fortschritts die Instrumentalisierung von eigentlich allem, für ein vermeintlich anstrebenswertes gesellschaftliches Ideal und eine projizierte Ordnung.

Man geht in der Gesellschaft, auf zwischenmenschlicher Interaktionsbasis, in allem, was den öffentliche Raum ausmacht, über Belange und Individuen hinweg, in der Gläubigkeit daran, Dinge „richtig“ zu tun und dieses Richtig ist zwanghaft und manipulativ und kaum responsiv; was hieße in unabhängiger Weise verantwortungsvoll.

So überrascht es auch nicht, dass man zum Beispiel den Krieg gegen die Tierheit, als den völligen Verstoß in der Menschheitsgeschichte gegen die Mitwelt einfach laufen lässt, weil man ja programmatisch > die Welt des Menschen vor der Welt der Menschen schützen muss. Es ist in sich absurd und künstlich auf solch einer Basis eine Feindschaft anzugehen. Wenn ich all die Strukturen wahrnehme, die unter Menschen also intrahuman verkehrt sind, muss ich mir immer das ganze Bild in umfassender Weise anschauen. Das tun Linke aber (eben auch) nicht, sie nehmen den Links/Rechts-Konflikt inhaltlich als den wesentlichen Konflikt heraus und ignorieren dabei nicht nur die sich aufdrängenden Fragen an Mängeln erkenntnistheoretischer Spannweite im Angesicht von Unrecht, sondern auch die eigene Ignoranz, die man dabei an den Tag legt, wird intern nicht kritisiert, weil das Diktum davon, wie die gerecht Welt auszusehen hat, wo angefangen wird und wo man endet, zu sehr einem ungeprüften Glaubenssatz gleicht.

Die Fixierung auf „rechts“ als Mythos seiner Selbst oder als eigentlich abstraktes Feindbild führt dazu, dass viele „Linke“ eigentliche Mechanismen von Macht, Unterdrückung und Normalisierung nicht wirklich analysieren – geschweige denn, dass sie solche Dinge bei sich selbst, in eigener Ausprägung erkennen, weil Handlungsweisen ideologisch getagged werden, aber nicht an und für sich kritisch kontextualisiert werden. Das erklärt auch die Vorkommnis aller klassischen -Ismen in sog. linken Kreisen, und die ewigen Konflikte über deren unvermeidbar wiederkehrendes Auftreten.

Böse und gut. Das Feindbild als Mythos statt als reale nachverfolgbare „Struktur“

Wenn „rechts“ nur als ideologisches Gegenüber gesehen wird (Faschisten, Reaktionäre, Konservative, Neonazis), übersieht man, dass dieselben Machtmechanismen sich überall wiederholen – auch in der Linken. Wenn es um Kontrolle, Ordnung, Instrumentalisierung und den Erhalt von Hierarchien geht, dann agieren viele linke Strukturen oft nicht anders als die, die sie eigentlich bekämpfen. Die Mittel und Begründungen ändern sich, aber das Prinzip bleibt. Und ja, intrinsisch bringen diese tief liegenden Deckungsgleichheiten genau die grundlegenden Probleme und die Zerstörung hervor, die wir wiederum bekämpfen wollen. Beide politischen Richtungen sind in allein kontraktualistisch erklärbaren Kontexten „gerecht“, aber nicht prinzipiell vom Grundsatz her gerecht denkend. Man ist von der Spitze der Pyramide einer Elitengesellschaft rechts, links lediglich bei der breiten Mitte oder dem Fuß der gleichen Pyramide gelandet. Man bewegt sich immernoch innerhalb im Wesentlichen gleicher Prinzipien und einer gleichen Welt, die einen sehr begrenzten Lebensinhalt und ein kollektives Bewusstsein über das Menschsein in der Welt vorgeben; keine umweglose und zweckunbegründete Verantwortung gegenüber der Mitwelt, keine Zentrierung dieser im Bezug auf das eigene Sein um zu einem gemeinsames Sein zu gelangen, das Dominum Terrae findet auf den unterschiedlichen Seiten unter lediglich verschiedenen Vorzeichen statt, die niemals von selbst aus einen Ausweg aus dem Kreisverkehr der Ideen zulassen würden.

Die Normalisierung von Macht im Namen des Fortschritts

Das ist einer der perfidesten Mechanismen: Dinge, die früher als repressiv oder problematisch galten, werden auf einmal als notwendige Opfer für das „Gute“ verkauft. Technokratische Kontrolle wird als progressiv dargestellt, weil sie angeblich einem gemeinschaftlichen Fortschritt dient, zeitgleich wird die Instrumentalisierung von tierlichem Leben, nichtmenschlicher Räume und der natürlichen Welt normalisiert und akzeptiert, wenn und da sie einer „höheren“ Vision dient und vermeintlich immer schon – evolutionstechnisch – diente. Im triangulären Verhältnis befinden sich also das

  • vermeintlich gemeinschaftliche Interesse an dem, das als einvernehmlich verstandener Fortschritt priorisiert wird,
  • der Beitrag oder nicht Beitrag, den das menschliche Individuum dazu leisten kann und sollte
  • und das für den Pendelschlag dieses Gebildes nur hinderliche Interesse und die bedeutsamen Belange, die in Hinsicht auf den nicht eingrenzbaren nichtmenschlichen Bereich im Raume stehen.

Ist die Fortschrittsvision also nun gar noch links, dann wird sie als alleiniger breit anmutender Weg in Aussicht gestellt, damit man sich überhaupt jeglicher vermeintlich der Tellerrand überschreitenden Themen annimmt und da der Gegenspieler ja völlig verantwortungslos und egoistisch ist, muss einem dies doch reichen. Und man schleppt wieder die unzähligen Speziesismus- und Ökozidnormalisiernden mit, nur um mit genau solchen Menschen zusammen, das Übel immer weiter gedeihen zu lassen, als käme es auf solch eine Verlängerung durch „den Menschen als bewusst hinderlich agierender“ bei Problemen ja eh nicht an.

Moralische Dogmen verhindern kritische Reflexion, weil jede Abweichung sofort als „unlinks“ gilt als fortschrittshinderlich und überhaupt daher als den Faschismus begünstigend, der ja dem „umfassenden“ fortschrittlicheren Paket entgegensteht. Als Hinweis auf dritte Möglichkeiten gilt in deren Settings garnichts mehr.

Der verdrängte Krieg gegen die Tierheit

Der eine unumstößliche Punkt, dass der umfassendste und fundamentalste durch Menschen begangene gewaltideologische Akt, der systematischen sowie eklektischen, aber in jedem Falle willkürlichen Vernichtung und Versklavung nichtmenschlich-tierlichen Lebens in all seiner undurchdringbaren zerstörerischen Handlungsweise einfach weiterläuft, weil auch die linke Ideologie diese Täter/Opfer-Konstellation nicht als einen zentralen Konflikt anerkennen will, verdeutlicht die Art, wie selektive Wahrnehmung betrieben werden kann.

Statt Strukturen wirklich zu hinterfragen und somit einem selbst formulierten Ideal und methodischen Argument gerecht zu werden, übernehmen viele Linke einfach das alte Menschen-Welt-Dualismus-Modell und kämpfen einfach innerhalb dieses Rahmens für irgendetwas, was eine allumfassende Antwort auf die Übel dieser Welt darstellen soll. Das zeigt, dass sie eben nicht das „Ganze Bild“ sehen, sondern nur bestimmte Konflikte als relevant einstufen. Und die häufige Ermahnung, man solle doch auch auf die eigene Situation und die eigenen Rechte/die eigene Entrechtung schauen, reduziert unumwunden die Zugehörigkeit zur Spezies Mensch auf eine durch merkwürdige Motive geleitete Interessensgemeinschaft mit zwangsverordneter geistiger Myopie, die bitte freiwillig eingehalten werden soll. (…).

Die blinden Flecken in linken Diskursen und im „Linkssein“

Die Vorstellung, dass „Linkssein“ automatisch bedeutet, die besseren Werte zu haben, führt zu Selbstgefälligkeit und Reflexionsverweigerung. Linke Machtstrukturen sind oft genauso repressiv, aber sie bemerken es nicht, weil sie glauben, „auf der richtigen Seite“ zu stehen. Viele fortschrittliche Anliegen werden für den „größeren Kampf“ geopfert – genau wie in den alten autoritären linken Bewegungen.

Was nicht möglich zu sein scheint:

  • Neue Perspektiven konsequent zulassen – Nicht nur innerhalb der alten linken Raster denken, sondern radikal für neue Sichtweisen öffnen, Abweichungen respektieren.
  • Den Blick auf Grundmechanismen lenken – Nicht „rechts gegen links“, sondern „Macht gegen Freiheit“, „Instrumentalisierung gegen Selbstbestimmung“.
  • Keine Opfer für die eigene Ideologie akzeptieren – Weder Tiere, noch Menschen, noch individuelle Stimmen sollten einem „höheren Ziel“ untergeordnet werden.

 

Ende 1. Segment

rev. 12.03.25

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