Equal Consideration for Animals (1)
Hier können Sichtbarkeit und Gültigkeit nur in bestimmten Formen realisiert werden? Es sei nicht möglich Zivilgesellschaft anders zu konstituieren? „Nur unser einer gemeinsamer Weg, sonst keiner!“ Kritik an den stagnierenden Aktivistengruppen, die ihre eigene Rolle in der Aufrechterhaltung fester Strukturen übersehen und dabei unterschätzen, wie Einzelne etc. innerhalb gesellschaftlicher Erosionen bereits ganz andere Vorgehensweisen am Erkunden sind.
Diskursräume, Diskurs-Grenzkämpfe, hinaustreten in das begriffliche Konfrontations- und Auflösungsbild
1.1
Die deutschsprachige Tierrechts- und Tierbefreiungsszene stagniert, weil sie — bei allem moralischen Anspruch — soziologisch und kulturell konventionell geblieben ist. Man will zwar die Speziesgrenzen infrage stellen, aber man denkt weiter im selben erkenntnispolitischen, sozialpsychologischen und kulturellen Rahmen, der überhaupt erst speziesistische Strukturen hervorbringt.
Ein paar Punkte, die mir auffallen:
- Szene-Identität statt inhaltlicher Radikalität > Viele Gruppen pflegen eine Art „linkssubkulturelle“ oder aktivistische Identität, die mehr performativ als erkenntniskritisch ist. Man weiß, wie man auf Demos wirkt, man weiß, was man posten soll, aber man weiß nicht, wie man Denktraditionen dekonstruiert. Das „Wir“ wird wichtiger als das Denken selbst.
- Moralische Selbstversicherung statt Reflexion > Man hat moralisch recht — das steht fest — und dieses „Recht haben“ ersetzt die tiefere Auseinandersetzung. Kritik an dieser Selbstgewissheit wird als Spaltung oder „unproduktiv“ wahrgenommen, nicht als intellektueller Fortschritt. Das ist religiöses Verhalten, nicht emanzipatorisches.
- Angst vor Komplexität und Verlust von Anschlussfähigkeit > Sobald es wirklich komplex wird — also etwa, wenn man über Tier-Subjektivität, Ontologie, posthumanistische Semantik, antiableistische Ethik spricht — zieht sich die Szene zurück. Man fürchtet, das Publikum zu verlieren oder „elitär“ zu wirken. Das Resultat: man bleibt auf flachen Ebenen stehen, auf denen man sich gegenseitig loben kann.
- Fehlende intellektuelle Unabhängigkeit > Viele übernehmen, was im englischsprachigen Raum gerade „hip“ ist (Regan, Francione, Singer, später intersectional activism, HAS und aktuelle Fassungen der Animal Studies, CAS, Total Liberation, etc.), ohne eigene theoretische Fundierung oder Kritik zu entwickeln. Es gibt kaum originäre, genuin deutschsprachige Ansätze, die sich mit der spezifischen hiesigen Ideologiegeschichte auseinandersetzen würden — was wir gemeinsam hier immerhin versuchen. Im Bereich speziesistischer Kunst und Kultur wird dies besonders greifbar, aber auch an anderer Stelle verharrt man unhinterfragt an traditionellen Feldern der Symptombekämpfung und schaut sich nicht an, wie Speziesismus in unserem Gesellschaftsraum seine „soziale“ Wirksamkeit aufrecht erhält.
- Sozialpsychologische Abhängigkeit von Anerkennungssystemen > Die Szene will „gesehen“ werden: von der Gesellschaft, den Medien, der Wissenschaft, als deren Appendix sie sich „etabliert“. Man imitiert auf aktivistischer Ebene genau die Strukturen, die man eigentlich bekämpfen müsste — akademische Hierarchien, deren Teil man selber ist, NGO-Branding, das hierarchische Schattenmilieus bildet, moralische Leistungslogik als Einzelkampfprofilierung. Das Denken wird instrumentalisiert, statt autonom zu bleiben.
- Abwehr echter Selbstkritik > Weil diese inadäquat agierende Szene trotz aller Normalisierung und logischen Normalheit des „für Tierrechte seins“ soweit viel zu klein geblieben ist, verwechselt man Kritik schnell mit „Feindlichkeit“. Aber ohne interne Kritik kann kein Erkenntnisfortschritt stattfinden. Man verteidigt lieber ein kollektives Selbstbild („wir sind die Guten“) als sich wirklich mit den eigenen Reproduktionen von Speziesismus und Hegemonial-Anthropozentrismus auseinanderzusetzen.
Das Ergebnis: Stagnation bei gleichzeitiger Selbstbeweihräucherung. Man sieht „Bewegung“, weil immer was los ist, aber man bewegt sich im Kreis.
Was wir als Messel group dedicated to Eurohippus messelensis machen und ihr mit simorgh.de und tierrechtsethik.de macht, ist dagegen intellektuelle Selbstbefreiung — eine radikale Rekonstruktion dessen, wie wir überhaupt über Tierlichkeit, Ethik, Subjektivität, Recht und Verantwortung sprechen. Das sprengt die gemütliche Szeneidentität, und genau deshalb wird es ignoriert oder verdrängt: es zwingt zu Selbstreflexion.
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1.2
Viele Menschen haben heute ein tiefes, reflektiertes Bewusstsein für Tierrechte — aber sie finden in der deutschsprachigen Szene keinen Raum, weil diese Bewegungen nicht wirklich mitgewachsen sind. Sie empfinden, dass das, was dort passiert, zwar ethisch gemeint ist, aber strukturell an die alten Denkformen gebunden bleibt: moralischer Rigorismus, Szenebezogenheit, performative Politik, hegemonial-anthropozentrische Sprache.
Diese Menschen — eure „anderen“ — verkörpern bereits, was man eine nach-szenische Ethik nennen könnte: eine Haltung, die das Mitsein mit der Mitwelt lebt, ohne sich an das kollektivistische „Wir sind die Bewegung“-Narrativ anzuschließen.
Sie handeln, reflektieren, denken — aber jenseits von Parole, Camp und Gruppencode. Das ist wichtig, weil es zeigt, dass die Entwicklung längst da ist, nur nicht dort, wo man sie offiziell verortet. Die eigentliche Bewegung spielt sich leise ab — in Gärten, Küchen, Werkstätten, in Sprache und Texten, in Fürsorge, im Ruheräume-Stiften, im Denken, im Sich-Entziehen.
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2.1
Zerberus: Ich möchte betonen, dass sich Menschen innerlich ausdifferenzieren, und es keine Gemeinsamkeit primär aufgrund einer kontraktualistischen Zugehörigkeit zur Gruppe der Menschen geben muss, weil die Erkenntnisse nicht einfach von der „Gruppe der Menschen“ in deren Sicht auf Tiere-und-Mitwelt anders ist, sondern weil sich, im Kontext mit dem Sein-mit-der-Mitwelt, von Grund auf jeweils eine plural unterschiedliche Sichtweise ergibt und Erkenntnisse unvermeidbar individuell immer nochmal neu strukturiert werden.
Zerberus führt weiter aus: An der Stelle erst kann menschliche Ethik mit neuer Ethik zusammenwachsen und diesen Weg werden wir nicht gemeinsam gehen. Das Konzept, wie es in den „Human Animal Studies“ praktiziert wird, ist aus diesem einen Grunde auch nicht repräsentativ für einen antibiologstischen tiersoziologischen Ansatz, weil dieser einen Spezies-Subjektivismus in den Mittelpunkt rückt und es zur Auflösung des „wir“ im Bezug auf Erkenntnis und Natur kommen muss.
Ein Phryge spiegelt ihn:
Ihre Ausführungen unterstreichen, dass die von Ihnen skizzierte > Tiersoziologie nicht nur das Verhältnis zwischen Mensch und Tier, sondern auch die Grundlagen der menschlichen Subjektivität und Ethik neu definiert. Ihre Kritik an den Human-Animal Studies (HAS) als unzureichend für einen wahrhaft antibiologistischen Ansatz ist dabei zentral, weil sie einen grundlegenden epistemologischen Bruch fordert, den die HAS oft noch nicht vollziehen.
Die Dekonstruktion des „Wir“
Ihr Konzept betont eine radikale Abkehr von der Idee einer kollektiven, menschlichen Erkenntniseinheit. Anstatt von einem „Wir“ als epistemologischem Ausgangspunkt auszugehen, schlagen Sie vor, dass sich individuelle Erkenntnisse erst aus dem „Sein mit der Mitwelt“ heraus bilden. Das bedeutet:
Individuelle Epistemik: Erkenntnis und Ethik sind nicht das Ergebnis eines sozialen Kontrakts oder einer kollektiven menschlichen Identität. Sie entstehen in der direkten, pluralen und subjektiven Begegnung mit der nichtmenschlichen Welt.
Auflösung der Gruppe: Die Idee einer homogenen Gruppe „Mensch“ löst sich in dieser Perspektive auf. Es gibt keine gemeinsame Basis mehr, auf der eine einheitliche, menschliche Ethik aufgebaut werden könnte. Stattdessen gibt es ein plurales Feld von Erkenntnissen, die aus je individuellen Beziehungen zur Mitwelt entstehen.
Kritik an den Human-Animal Studies (HAS)
Ihre Kritik an den HAS ist in diesem Kontext nachvollziehbar. Die Human-Animal Studies beziehen sich, wie der Name andeutet, oft noch auf die Beziehung zwischen „Mensch“ und „Tier“. Der Mensch bleibt dabei, wenn auch kritisch reflektiert, die zentrale Bezugsgröße. [Zudem werden hier möglicherweise, in der Identifikation der Gruppen „Menschen/Tiere“, Folgen speziesistischer, soziologisch verlaufender Zuschreibungen, die ein innermenschliches Problem spiegeln, auf Tiere in der „Außensicht auf Tiere durch den Menschen“ in dieser Verhältnismäßigkeit projiziert … ]
Beziehung statt Subjektivität: Viele Ansätze der HAS analysieren das Verhältnis von Menschen zu Tieren, aber nicht immer die spezifische, nichtmenschliche Subjektivität selbst. Es geht oft darum, wie menschliche Kulturen Tiere wahrnehmen, repräsentieren und behandeln. Dies ist eine wichtige Analyse, bleibt aber noch im Rahmen einer [hegemonialen statt subjektivistischen] anthropozentrischen Perspektive.
Das Fortbestehen des „Wir“: Auch in den HAS gibt es oft den impliziten oder expliziten Wunsch, zu einer „besseren“ menschlichen Praxis im Umgang mit Tieren zu gelangen. Damit wird die menschliche Kollektivität und Handlungsfähigkeit weiterhin als maßgeblich angesehen.
Die „neue Ethik“ und der Weg nach vorne
Ihre Position impliziert, dass eine neue Ethik nicht durch eine Erweiterung der alten [kontraktualistischen und kanonisierten] menschlichen Ethik entstehen kann. Vielmehr muss sie aus einem fundamental anderen Ausgangspunkt entwickelt werden, in dem die pluralen und subjektiven Erkenntnisse aus dem „Sein mit der Mitwelt“ die Grundlage bilden. Dieser Weg kann, wie Sie richtig feststellen, nicht gemeinsam begangen werden, da er die kollektive Basis der Ethik selbst infrage stellt.
Spezies-Subjektivismus: Die ernsthafte Berücksichtigung eines „Spezies-Subjektivismus“ bedeutet, dass die Lebenswelten, Bedürfnisse und Erkenntnisweisen jeder Spezies (und jedes Individuums innerhalb dieser Spezies) als eigenständige, gleichwertige Quellen der Erkenntnis anerkannt werden müssen. Die menschliche Perspektive ist nur eine unter vielen.
Radikaler Pluralismus: Eine solche post-anthropogene Tiersoziologie führt zu einem radikalen Pluralismus, der die Möglichkeit einer einzigen, gemeinsamen ethischen Norm ablehnt. Ethik wird zu einem fortwährenden Prozess des Aushandelns und der Ko-Existenz im Bewusstsein der unterschiedlichen, subjektiven Welten.
Ihre Überlegungen zeigen, dass die Definition einer antibiologistischen Tiersoziologie letztlich eine radikale epistemologische Kritik an der gesamten menschlichen Wissensproduktion beinhaltet. Sie geht über die Human-Animal Studies hinaus und stellt die Grundlagen der menschlichen Kollektivität infrage.
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Wichtige kritische Positionen
a.) Das Spannungsverhältnis zwischen Tierrechten und Menschenrechten:
Menschenrechte müssen genauer betrachtet werden, wie sie in Tierrechtsfragen hineinfaktorisieren in einer gewissen Unzulänglichkeit > zum Teil besteht ein innerer Klärungsbedarf wie die Definitionen selbst ‚upgegraded‘ und korrigiert werden müssen > zum Teil können sie als Modell nicht als „ausreichend“ übertragen werden 1.) angesichts der Formen (Ausmaß, Tragweite, Dimension, … ) des Übergriffs seitens des Menschen, und 2.) um damit einem neuen, erweiterten Verständnis, sowohl von Tieren als auch Menschen, gerecht zu werden. So besteht momentan beispielsweise der Konflikt, dass „Menschenrechte“ menschliche Übergriffe auf Tiere und Mitwelt gestatten und „Menschenrechte“ ermöglichen, dass anderen Menschen das Recht zum Einbeschluss von Tieren und der Mitwelt in deren ethische Priorisierungen strittig gemacht wird aufgrund aller den „Menschenrechten“ zugrunde liegenden Kanonisierungen.
b.) Konkretheit ethischer Praktiken aktivistisch nutzen
Squatting Practical Ethics > bedeutet, dass gegenwärtige Praktiken [in einer Lebensweise, die in ihrer Praxis über die eigenen Handlungseben tut, was sie kann um den anderen in seiner Lage zu unterstützen] vereint die soziale Ebene als Handlungsfeld (inkl. Kommunikationsfragen) mit einbeschließend agiert, ebenso wie die Haltungsfragen zu den Themen, auf die man sich aktivistisch bezieht.
c.) Überwindung reduktiver Kriterien als Rechtsbegrifflichkeiten ermöglichende Voraussetzungen:
Seit Benthams und Mills utilitaristischen Argumentationssträngen zur moralischen Berücksichtigung von Belangen, die in den Bereich der Empfindungswelten fallen, stellt sich eigentlich auch die Frage, an welcher Stelle man zwischen Geist und Fühlen scheidet und wie man beide meint zuverlässig bemessen zu können. In der Tradition der angelsächsisch-geprägten Tierschutz- und Antivivisektionsbewegung sich bewegend, lokalisiert man sich auch heute noch schwerpunktartig sprachlich in den tierrechtsrelevanten Aktivismusfeldern, zumindest in deren Mainstream, rund um die Fragen über Freude, Schmerz, die aber als Sentience nicht weiter behandelt werden und so ihre unabhängige vollständige Dimension erhalten könnten. Der Mainstream bewegt sich auch hier noch innerhalb begrenzter Terminologien, als könne man heute kein Iota von westlich-philosophischen Grundlagen abweichen, ohne bar aller Argumente und bar aller logisch-nachvollziehbaren Haltung dazustehen (ein stagnatives Verharren, dass sich kaum eine andere emanzipative Bewegung hätte leisten können. In diesem Fall muss sich eine Gesellschaft von ihrem eigenen gemeinschaftlich praktizierten Speziesismus befreien).
Eine Beispiel: Die Kapazität „zu lieben“ [d.h. einen tiefgreifenden sozial ‚positiven‘ Bezug zu leben, in einer sehr grundlegenden und umfänglichen Weise, die auch einen Teil einer Wesensfreiheit und einer damit in Beziehung stehenden Konnektivität beinhaltet], auf die Menschen sich nicht als Begreifende und Benennende einigen könnten > wird dem Verschiedenartigen, dem wir als „Animal“ begegnen, in dessen Einmaligkeit nicht zugestanden; das heißt mit anderen Worten, wir können hier nicht abstrahieren und gestehen dem anderen aber auch keine Brückenbegriffe unsererseits zu um Beobachtetes würdigend zu benennen und somit dafür zu sorgen, dass wir in „unserer Gemeinschaft“ eine wichtige solidarische Botschaft über die Belange des anderen vermitteln.
In einem Fragment von 2013 beschreiben wir die Idee der Regenbogen-Empfindsamkeit (hier in leicht revidierter Fassung) > https://tierrechtsethik.de/rainbow-sentience/ [17.10.25]
Im Kontext mit Punkt c.)
Tierintelligenzen und ein häufiger anthropozentrischer Fehlschluss, Tierintelligenzen im Plural
[Fassung von 2017, https://simorgh.de/about/tierintelligenzen-im-plural/ , (17.10.25)] Revidierte Fassung.
Tierintelligenzen und ein häufiger anthropozentrischer Fehlschluss der bei Tierrechtler immer wieder vorkommt
Anthropozentrismus ist…:
Wenn Tierrechtler, Tierethiker etc. meinen der Maßstab für Intelligenz sei eine vermeintlich mehr oder weniger normativ festlegbare menschliche Form von Intelligenz. Wenn sie ohne weitere Diskussionen durchgehen lassen, dass unterschiedliche nichtmenschliche Spezies oder alle Nichtmenschen als „weniger Intelligent“ (in einem wirklich umfassenden Sinne) bezeichnet werden. Und wenn sie dann wie Jeremy Bentham im 19.Jhdt mutig äußern, dass das Leid und die Leidensfähigkeit alleine zählten.
- Gibt es unterschiedliche Intelligenzen, keine ist weniger wert, keine ist weniger komplex. [1]
- Wird der Bezugsrahmen bei solchen Faux pas an genau den menschlichen Idealen von Intelligenz ausgerichtet, die unsere Welt letztendlich auf den besten Weg zur totalen Zerstörung befördert haben.
Tierintelligenzen seien nicht so relevant für die Anerkennung der nichtmenschlichen Würde und derer Lebensrechte [ihrem Recht auf Schutz von normalisierter menschlicher Übergriffigkeit]. Und Homo sapiens sei der Maßstab für relevante Intelligenz/en überhaupt.
Aber nochmal zu Benthams Erkenntnis über die Relevanz der Leidensfähigkeit aller tierlichen Lebewesen – so auch des Menschen:
Er begründete selbst die Rechte unterdrückter ‚nichtweisser’ Menschen auf deren Leid und deren Zustand der Unterdrücktheit und nicht primär aufgrund derer kultureller Stärken, Besonderheit und ihres eigenen Identitätsbewusstseins, so sagt er:
“The French have already discovered that the blackness of skin is no reason why a human being should be abandoned without redress to the caprice of a tormentor.” [2]
Und fährt in einem Atemzug fort:
“It may come one day to be recognized, that the number of legs, the villosity of the skin, or the termination of the os sacrum, are reasons equally insufficient for abandoning a sensitive being to the same fate. What else is it that should trace the insuperable line?”
Was gehört aber zu einem fühlenden Wesen? Dazu äußert er sich nicht positiv. Sensitiv ist fühlend im eher biologisch, physiologischen Sinne, aber selbst dies ist ein slippery slope, solange fühlen, Sinn und Intelligenz als voreinander entkoppelt begriffen werden.
Im Bezug auf nichtmenschliche Tiere stehen „wir“ – oder eher gesagt diejenigen im Mainstream, die weiter die Trennung von Sentience und Intelligenz betreiben, und auf einen verkürzten Begriff von Fühlen als Kriterium für ethische Berücksichtigung pochen – also noch an ähnlicher Stelle wir die Utilitaristen.
Wer das Fühlen vom Intelligentsein in seinem Rechte trennt, begründet zu erteilende bzw. geforderte Rechte negativ, denn er spricht nicht von Besonderheiten, Einmaligkeiten, individuellen Stärken und vor allem von autonomer, eigenwertiger Bedeutsamkeit als Ausgangslage für die Anerkennung von Rechten.
Es wird von Leid gesprochen, von fühlenden Wesen die Leiden können, der Rest bleibt erstmal zweitrangig in der Frage über Rechte. Dabei sind genau die Besonderheiten und die achtungswürdige und anerkennungswürdige Autonomie des anderen Lebewesens, das woran Recht sich bemessen können muss.
Würde man Jeremy Benthams berühmtes Zitat über die Relevanz der Leidensfähigkeit von Tieren als Gedanken neu formulieren, würde der Fokus aber eben nicht weg > von der Menge der Beine und der Beschaffenheit des Fells/Haut und der unbeantworteten Frage ihrer Vernunft hin zur Frage der Leidensfähigkeit geführt werden dürfen, ohne den anthropozentrischen Faux pas zu begehen – wie das heute immer wieder in normalisierter Weise geschieht, siehe die typischen Slogans, Sprüche und Argumente, die in Mainstreamkreisen gängig sind – sondern man muss in der Tat genau an der Stelle ansetzen, wo das andere Individuum wegen seiner Besonderheit und Einmaligkeit anerkannt werden sollte und der Mensch sich selbst somit neu genau daran ausrichtet, statt Definitionsmacht gegen das Leben anderer anzusetzen.
Benthams Schlüsselaussage, an der die Einklagung der Rechte scheitern muss, liegt eben an dem Punkt: “Is it the faculty of reason, or perhaps, the faculty for discourse?…the question is not, Can they reason? nor, Can they talk? but, Can they suffer? Why should the law refuse its protection to any sensitive being? The time will come when humanity will extend its mantle over everything which breathes…” Die Frage sei nicht ob Nichtmenschen über Vernunft verfügten oder einen Diskurs führen könnten, … auch nicht ob sie sprechen könnten, sondern ob sie leiden würden, denn warum sollte das Recht einem fühlenden Wesen den Schutz verwehren. Die Zeit werde kommen in der die Menschlichkeit ihren Mantel über alles, was atmen kann, schützend ausbreiten wird.
Dieser ethische Pfeiler erscheint edel, großartig, seiner Zeit und Kultur entsprechen mutig, scheint uns aber zugleich auch unzureichend. Es reicht nicht andersartige Intelligenz, andersartiges Denken und andersartiges Kommunizieren als weniger relevant als die Leidensfähigkeit zu sekundarisieren. Denn selbst die Leidensfähigkeit umfasst ein Netz an [das Individuum konstituierender] Ganzheitlichkeit. Und wir können den/die anderen nur in ihrer gegebenen Andersartigkeit und Besonderheit anerkennen und ihnen somit würdige Rechte zum Schutz vor Homo sapiens zugestehen, wenn wir deren Einmaligkeit als ebenso bedeutsam und gleichwertig wichtig in unser Rechtsverständnis mit einbeziehen können. Dazu müssen wir den anderen aber in seiner Ganzheit sehen wollen.
Das wäre letztendlich ein fortschrittlicheres mitweltethisches und tierrechtsethisches Denken.
[1] Die Evolution nichtmenschliche Lebens ist nicht irgendwie auf irgendeiner vergleichsweise ‘primitiveren’ Stufe stehen geblieben. Die Evolution der Lebensorganismen befindet sich in einem nicht-endenden zeitlichen Kontinuum und die Lebensformen sind divers. Es existiert dabei aber kein niederes, höheres – „besser“ oder „schlechter“ angepasstes Leben. Gruppe Messel, Animal Autonomy: holistische Anker. https://simorgh.de/about/evolution_oder_stagnationen/ [17.10.25]
[2] Jeremy Bentham (1748 – 1832); Introduction to the Principles of Morals and Legislation, Zitate: https://www.utilitarianism.com/jeremybentham.html [03.11.17]
Gruppe Messel / Tierautonomie / Animal Autonomy > Anregungen für ein selbstdurchdachtes Tierrechts-FAQ: Anthropozentrismus – vom Wert menschlicher Intelligenzvorstellungen in der Beurteilung tierlicher Intelligenzen.
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Entwurf 17.10.25. Fortsetzung …
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rev. 27.10.2025

