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Spezifik von Tierobjektifizierung

„Nutzbarmachen“ und liebhaben

William Hogarth, The Four Stages of Cruelty, Second Stage of Cruelty (1751). Vier Schauplätze: Stadien und Orte der Grausamkeit, die William Hogarth im 18. Jhdt. als Kunststiche darstellte.

(Entwurf, 1.11.2022)

„Nutzbarmachen“ und liebhaben

Streicheln und Schlachten, geht auf Bauernhöfen (…) in der Regel Hand in Hand und beides bildet für viele in der Gesellschaft keinen als ‚tief fundiert‘ zu betrachtenden Gegensatz.

Wer nimmt Anstoß an der Verniedlichungsbildsprache von Tieren, die auf dem Teller landen?

Wer nimmt Anstoß an Fohlenfleisch oder Pferdemetzgereien?

Wer stößt sich daran, dass das Töten wildlebender Tierarten (die man „zum Streicheln“ niedlich und toll findet) das gleiche ist, wie das Töten von Tierarten, die von Menschen irgendwann ja einmal aus ihrer Freiheit herausgerissen worden sind?

Wer nimmt Anstoß, an religiösen oder spirituell-rituellen Rhetoriken, die „Respekt vor der Schöpfung“ mit derer Dienstbarkeit für den Menschen gleichsetzen – bis aufs Opferwerden von Tieren fürs eigene menschliche Weltbild?

Wie konzeptualisieren wir die Dinge, die mit Tieren laufen?

Das karnistische Konzept entlädt den Schwerpunkt auf eine Dichotomie von „Gleichgültigkeit“ versus „Tierliebe“, die nicht wirklich existiert.

Die Funktionalisierung von Tieren, je nach menschlichen Wünschen und Vorstellungswelten, ist Teil eines gleichen Problems.

Tiere werden verletzt, gedemütigt und herabgesetzt. Und zwar alle, grundsätzlich irgendwie.

Wir können physischen und mental-geistigen Terror (mit physischen Konsequenzen) gegen Tiere, der sich in der Gesamtheit menschlicher- und tierlicher Geographien überschneidet, nicht auf zwei voneinander getrennte völlig gegensätzliche Haltungen bei Menschen schieben,

  • Ohne zugleich die „gestreichelten“ Tiere stiller Gewalt preiszugeben
  • und ohne der Psychologie gerade der Ritualisiertheit der Institutionalisierung von Tiermord Rechnung zu tragen, die nicht bloß ein mechanistischer, emotional entkoppelter Akt sein kann. Ein massenhafter Mord an Tieren ist nicht in plausibler Weise als ethische Beiläufigkeit zu erklären. Der Mord ist kulturanthropologisch tierobjektifizierend begründet.

Das Streicheln von Tieren ist eine Posse und hat mir einer Achtung seines tierlichen Gegenüber wenig zu tun, weil die gestreichelte Tierlichkeit meistens tiersoziologisch, ökosozial und gesamtsoziologisch entkontextualisiert wird.

Gruppe Messel

Zusatz: die Verquickung von „Zärtlichkeit“ und „Gewaltsamkeit“ ist uns auch aus Bereichen sexualisierter Gewalt bekannt. Unseres Wissens nach ist bislang nicht wirklich klar, wie es in auffallend regelmäßiger Weise zu diesen „Verläufen“ kommt. Im Falle von Tierobjektifizierung gehört das Wechselspiel von menschlicher Zuwendung gegenüber- und menschlicher Negierung von Tieren aber auch zu einem erkennbaren Verhaltenrepertoir vieler Menschen, die in Berührung mit Tieren sind. Und körperliche Übergriffigkeit findet hier ebenso statt.

Zusatz 2: Wir gehen also davon aus, dass dieser Widerspruch kein wirkliches ethisches Paradoxon für Menschen darstellt. Und auch nicht aus unserer Sicht, da das „Streicheln“ nicht wirklich viel Positives besagen muss.

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