Wir haben diesen Text hier für Menschen mit SehbeHinderung auf Youtube vorgelesen; Vorsicht, die Musik am Schluss ist ein wenig laut > https://www.youtube.com/watch?v=r8L24Ol2dKU
Ein längerer Merksatz zum anarchischen Wesen der gelebten Kommunikation:
Es gibt nicht eine oder „die eine Sprache“, die völlig deckungsgleich auf der Kommunikationsebene funktioniert. Und Sprache – im Sinne der Sprachvielfalt – impliziert immer den kommunikativen Akt, als eine Art des funktionalen Austausches. Sprache als Kommunikationsmedium ist insofern kein > in sich völlig deckungsgleiches System von Baukastenartig zusammensetzbaren Bedeutungsträgern: Selbst Musik rezipiert und spielt jeder anders.
Kommunikation ist komplexer und differenzierter zu verstehen als eine Begrenzung von Syntax, Linguistik, physiologischer und psychologischer Komponenten, auf als „mainstreambar zu verstehende Ablaufsweisen“, die uns in eine Lage versetzen würden, außerhalb der Räume zu stehen, innerhalb welcher wir unseren Austausch als „Kommunikation“ überhaupt wahrnehmen und erleben. Das heißt, das abstrakte System Sprache ist immer ein Mittendrinsein.
Kommunikation ist immer so frei, unkontrollierbar und uneingrenzbar, wie das ursächliche Wesen der Gedanken – als sich an die Impulse zur Kommunikation koppelnde Vorgänger. Dass Gedanken und Kommunikation Phänomene der Bezugnahme darstellen, grenzt nichts an ihrem Wesen ein, sich über dem „Systemartigen“ zu bewegen.
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Wie wir auf diesen Merksatz kamen:
Die meisten Leute gaukeln uns in unserem Zusammensein und in unserem Aktivismus als einem Menschen mit Sprechbehinderung („als Assistenznehmer“) und „dem Assistenzgeber“ (und Freund) vor, dass die sog. normale Kommunikation und das „normale“ Sprechen mehr oder weniger deckungsgleiche Systeme seien innerhalb derer sie sich Sprachableistisch bewegen können. Das heißt man geht im gleichen Zuge, in dem man meint, das eigene Sprechvermögen sei das fähige, richtige, normale, davon aus, dass das Sprech- (und sogar Sprachvermögen) des Menschen mit Sprechbehinderung ein vermindertes sei, mangelhaft … .
Sprachvielfalt wird dabei nicht angedacht oder bzw. nicht als vollwertige Form der Kommunikation respektiert. Man selbst könne sich auf richtige Weise vernünftig unterhalten, während dem sprechbehinderten Menschen in sehr sonderbarer Weise begegnet wird. Man lernt nicht die wechselseitige differenzierte Kommunikation miteinander. Es hat so und so zu sein.
An erster Stelle der Mensch mit Sprechbehinderung, und an zweiter Stelle die dyadisch-verbundenen Vertreter von dessen Interessen im Bezug auf die Teilhabe (und das heißt Mitprägung der Kommunikation!), werden im gleichen Zuge komplett marginalisiert.
Um unserem Anliegen weiter Gehör zu verschaffen, werden wir die Bezeichnungen Sprechableismus und Sprachableismus in die allgemeine Diskussion einbringen.
In dem Kontext hatten wir bereits folgendes notiert:
Ableismus: Die Unterscheidung von Sprachwertigkeiten
https://simorgh.de/disablismus/ableismus-die-unterscheidung-von-sprachwertigkeiten/
Ableism: The distinction between language values
https://simorgh.de/disablismus/ableism-the-distinction-between-language-values/
[30.01.24]